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Ablaß gewährt, die an den Gräbern Gebete sprechen würden. Auch stiftete der Rat eine Prozession, die jährlich am Markuslage {25. April) die Gräber besuchte und an der zuletzt die gesamte Geistlichkeit Erfurts teilnahm.
b) Die Geißler, jene Schwärmer, die durch Geißelung des eigenen Leibes Gott versöhnen wollten, daß er die Pest wieder wegnehme, erschienen um dieselbe Zeit in Thüringen. Sie erregten durch ihr Tun und Reden das größte Aussehen. Sie trugen mit roten Kreuzen versehene Hüte, die säst das ganze Gesicht bedeckten, hatten die Oberkörper bis an die Hüften entblößt und bearbeiteten sich bis aufs Blut mit mehrschnurigeu Peitschen, in die kleine eiserne Haken eingeflochten waren. Dabei machten sie die wunderlichsten Bewegungen, warfen sich der Länge nach aus
die Erde und sangen: „Tret herzu, wer buszen woeile, Luczeber
ist eine bösse geselle.“ Wiederholt lagerten ihrer an 3000 und mehr bei Ilversgehofen und verlangten, in Erfurt eingelassen zu werden. Aber der Rat schloß die Tore und ließ die Mauern bewachen. Er traute den Brüdern nicht recht, die unter der Maske der Büßer auf Raub und Diebstahl ausgingen, wie es die Erfahrung an manchen Orten gelehrt hatte. (Nach Prof. Dr. Carl
Beyer.)
27. Der 3udenmord in Erfurt.
Nachdem die Pest um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Deutschland ausgebrochen war, entstand bald das Gerücht, die Juden hätten die Brunnen und die Heringe vergiftet, weil nach dem Genusse des Wassers und der Fische die Erkrankung sofort einzutreten pflegte. Daraufhin wurden an vielen Orten die Juden von ihren Mitbürgern erschlagen. In Thüringen begannen die Verfolgungen am 2. Januar 1349, an welchem Tage viele Juden in Gotha, Eisenach, Arnstadt n. a. Orten ohne Gnade getötet und ihre Häuser rein ausgeplündert wurden. In Erfurt fand das große „Judenschlagen" am 21. März desselben Jahres statt.
Hier sprach man nicht bloß von vergifteten Brunnen und Heringen, auch die Gera sollte Gift enthalten, weshalb man lange Zeit hindurch gar nicht mehr mit Wasser kochte. Die einsichtsvolleren aber unter den Geistlichen und Bürgern wußten es besser. Sie waren eingeweiht in die von langer Hand her vorbereitete Bewegung, die den Mord nur darum ins Werk setzte, um die Schulden los zu werden, die viele Edle, Bürger und Bauern gemacht hatten, aber zu bezahlen nicht in der Lage waren. Die Schuldenmenge lastete schwer aus allen Ständen. Der hohe Zinsfuß, der oft zwölf oder mehr vom Hundert betrug, machte die Rückzahlung des Kapitals fast zur Unmöglichkeit. An der Spitze der Verschwörung stand ein Mitglied der Gefrunden, Hugo der Lange, der ein Jahr lang Ratsmeister gewesen war und großen Einfluß ans die Bürgerschaft
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blutigen Händeln beteiligt waren, wurden in die Verbannung geschickt und die Trinkstuben des Adels abgebrochen; die höchsten Ämter, die des Arnrneisters und zweier Städtrneister, sollten lebenslänglich sein. Damit war die Macht des Adels gebrochen; die Zünfte, der Handwerkerstand, bekamen eine überwiegende Stellung in der Leitung der städtischen Angelegenheiten.
2. Judenverfolgungen und der schwarze Tod.
Im 14. Jahrhundert traf das Reichsland weiteres Unglück: es kamen Krankheiten, Überschwemmungen, Mißwachs und Hungersnot. In großer Menge strömte armes Volk aus Lothringen und Frankreich in das fruchtbare Elsaß, weil es glaubte, hier Arbeit und Nahrung zu finden. Aber durch diese Einwanderung stieg das Elend nur, die Städte wurden übervölkert. Seuchen brachen aus und rafften in den enggebauten Städten zahllose Menschen hin. In Colmar allein sollen in einem Jahr 13600 Menschen gestorben sein.
Dem Bürger fehlte es an Geld, und in seiner Not wandte er sich an die Juden, die infolge ihres einträglichen Handels über große Summen verfügten. Für hohe Steuern, die sie erlegten, genossen sie den Lchntz der Fürsten und Landesherren. Das reizte aber das Volk; in den Zeiten der Not erhob es sich gegen feine Gläubiger, und überall entstanden Judenverfolgungen. In Colmar lebte in jenen Tagen ein Wirt, König Armleder genannt, weil er lederne Armringe trug. Der behauptete, das Evangelium verbiete, den Inden Schutz und Rechte angedeihen zu lassen. Die Juden müßten außer Landes gebracht werden; gingen sie nicht gutwillig, müsse man^sie töten. Zahlreiche Hansen scharten sich um den neuen König, der göttliche Eingebungen zu haben behauptete. Sie bewaffneten sich und zogen gegen die Juden aus. In vielen Städten vertrieben sie diese, plünderten ihr Hab und Gut und töteten viele. In Straß bürg allein kamen an 6000 ums Leben.
Bald nach dieser Jndenversolgnng suchte neues Unglück das Land heim. Eine fürchterliche'seuche, der schwarze Tod genannt, hielt seinen Umzug durch ganz Europa. Da ging man zunächst wieder gegen die Inden los, sie seien an dem allgemeinen Sterben schuld, sie hätten die Brunnen vergiftet! Aber das Hinmorden noch so vieler Juden tat der verheerenden Krankheit seinen Abbruch. Nun glaubten die Leute, ihr sündhaftes Leben habe die Krankheit verschuldet, und taten sich zu großen Prozessionen oder Geißelfahrten zusammen. Singend und betend zogen sie von Ort zu Ort, um den lieben Gott zu versöhnen. Die Teilnehmer an dem Zuge nannte man Geißler. In allen Orten, durch die sie kamen, warfen sie sich aus die Erde nieder, geißelten sich gegenseitig bis aufs Blut und fangen und beteten, um die Krankheit
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Extrahierte Ortsnamen: Lothringen Frankreich Colmar Colmar Europa
land fochten und jetzt verabschiedet sind. wir sind ohne Heimat; aber wir wollen eine haben, und diese Burg ist es, die uns zur Heimat werden soll. Fiber nur durch eure Hand kann ich in ruhigen, unangefochtenen Besitz derselben gelangen, vielleicht besiegen Einsamkeit und Hunger euern Trotz.“
Unweit der Burg, versteckt im Walde, lag ein alter, fester Turm, dessen Bestimmung und Zweck niemand kannte. Dorthin brachte der Ritter Williswinde, schloh sie daselbst ein und verkündete ihr, entweder solle sie sich fügen, oder sie müsse hier Hungers sterben. Dann ging er weg und überlieh die arme Gefangene der schrecklichsten Einsamkeit, ftm andern Tage Karn er wieder und fragte sie, ob sie sich eines Besseren besonnen habe. Sie gab ihm keine Antwort. Rm dritten Tage kam er abermals, doch er erhielt wiederum keinen Bescheid. So trieb er die Sache fort, Tag für Tag, und niemals erhielt er bessere Antwort. €r war aber darüber ebenso aufgebracht als erstaunt; denn da er der Jungfrau keinerlei Nahrung zukommen lieh, und der Turm so fest verschlossen war, dah jedem andern der Zutritt unmöglich schien, auch niemand hereingekommen sein konnte, weil dann die Gefangene ebenso leicht hätte entfliehen können, so konnte er nicht begreifen, wie dieser Mangel an Nahrung die Jungfrau weder nachgiebiger machte, noch auf ihre Gesundheit und ihr Leben nachteilig wirkte. Er stellte wachen auf, allein keine hatte jemals die Annäherung eines menschlichen Wesens an dem Turm bemerkt.
S.
Das war auch sehr natürlich; denn es war kein mensch, der Williswinde Nahrung brachte, es war ihr treuer Rabe. Ohne dah der Ritter darauf gemerkt hatte, war dieser ihm gefolgt, als er die Jungfrau nach dem Turme führte. Das treue Tier muhte so, wo seine Herrin war und verlieh sie nicht mehr.
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zwischen den Schultern Siegfrieds erblickte, hielt er den Heereszug nicht mehr für nöthig. Die Helden wurden nun statt in den Krieg zu einer großen Jagd entboten. Im Birfchgewande kam dann Siegfried zu feiner Gemahlin und sprach zu ihr: „Ich werde dich, liebe Frau, auf kurze Zeit verlassen, um an der Jagd theil zu nehmen. Gott lasse mich dich gesund Wiedersehn! Verkürze dir die Zeit mit deinen Freundinnen, bis ich wieder komme." Da überkam Kriemhilde Angst und Wehe. Sie fieng an, Hagen zu mißtrauen und bereitete es tief, daß sie ihm mehr geoffenbart hatte, als sie sollte.. Zärtlich bat sie: „Bleibe hier, mein lieber Herr, ich fürchte für dich Verrath. Heute Nacht sah ich dich von einem Eber verwundet, daß Gras und Blumen von deinem Blute roth wurden." Dabei schlang sie weinend den Arm um feinen Hals und suchte ihn zurückzuhalten. Siegfried suchte sie zu beruhigen. Er herzte sie innig — das letzte Mal im Leben und eilte alsdann zu den harrenden Jagdgefahrten.
7. Als die Jagd vollendet war, kam Siegfried, der das meiste Wild erlegt hatte, zum Sammelplatze und wollte seinen brennenden Durst löschen. Aber weder Wein noch Wasser war vorhanden. Hagen wußte indes in der Nähe eine kühle Quelle und schlug vor, im Wettlaus nach der Quelle zu eiten. Alle waren damit einverstanden. Und wie schnelle Panther sprangen Hagen, Guntber und Siegfried durch den frischen „ Waldklee. Siegfried erreichte zuerst den Brunnen, doch trank er noch nicht, damit fein Wirt, der König Günther, zuerst trinken möchte. Erst als dies geschehen, bückte er sich nieder zum Brunnen. In diesem Augenblicke ergriff Hagen den Speer, den Siegfried abgelegt hatte, und warf ihn Siegsried mit furchtbarer Kraft in den Rücken. Roth quoll das Blut aus der Wunde! Hagen floh, denn der ans den Tod verwundete Siegfried erschien ihm auch jetzt noch furchtbar. Siegfried sprang auf und griff nach feinen Waffen, um den Meuchelmörder zu durchbohren, doch Hagen hatte sie heimlich fortgebracht. Da faßte der Held feinen Schild, stürzte wüthend dem Meuchelmörder nach und schlug so grimmig auf ihn ein, daß der Wald von den Schlägen wiederhallte, daß die Edelsteine aus dem Schilde sprangen, und der Schild zerbrach. Hagen fiel unter den wuchtigen Schlägen nieder und meinte, sein Ende sei gekommen. Aber Siegfried verließ die Kraft, und Todtenblaffe überzog fein Gesicht! Kriem-hildens Gatte sank dahin in die Blumen des Grases, und stromweis rann das Blut ihm aus der Wunde. „O ihr Feiglingestöhnte hierauf der sterbende Held, als die übrigen Gefährten ihn in lautloser Stille umgaben, „was helfen nun meine Dienste, da ihr mich heimtückisch ermordet habt!" Dem grimmen Hagen spielte ein teuflisches Lachen aus feinem Gesichte. Er rühmte sich laut seiner Falschheit und verhöhnte noch den Erschlagenen. „Vor Euch," sprach Siegfried zu fernem Mörder, „hätte ich mich wohl schützen mögen, hätte ich in Euch den hinterlistigen Mörder gesehen. Mich jammert nur mein treues, liebes Weib und mein Kind, von dem man sagen wird: Siehe, nahe Verwandte erschlugen den Vater. Wollt Ihr, edler König," wandte er sich dann schwerathmend an Günther, „je an jemand Gutes üben,
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langte Auslieferung der Aufgenommenen. Doch Magistrat und Bürgerschaft wies das Ansinnen zurück. Armleder belagerte die Stadt und sein Heer richtete auf Feldern und Äckern große Verheerungen an. Erst die Ankunft des Kaisers Ludwig selbst zwang ihn zum Rückzug. Doch kaum war Ludwig fort, so begann Armleder wieder seine Grausamkeiten, und erst ein Bündnis, welches Fürsten, Bischöfe und Städte des Elsasses schlossen, zerstreute seine raub- und mordsüchtigen Banden. — Aber der Haß des Volkes gegen die Juden war noch so groß, daß man immer einen neuen Ausbruch der Wut fürchten mußte. Dieser trat auch ein, obwohl der Kaiser selbst die Juden unter seinen besonderen Schutz gestellt hatte. Im I. 1348 nämlich wurde Europa von einer schrecklichen Pest heimgesucht. Sogleich rief man: die Inden haben die alleinige Schuld daran; Brunnen und Quellen sind von ihnen vergiftet. Nieder mit ihnen! In Benfeld wurden diese Unglücklichen teils verbrannt, teils aufgeknüpft. Auch in Straßburg erhob sich blutige Verfolgung. Die Zünfte, voran die Metzger, verlangten strenges Gericht über die Inden. Da dies der Stadtrat verweigerte, drang man mit Gewalt darauf. Die Stadtmeister wurden beschuldigt, durch jüdisches Geld bestochen zu sein, und mußten ihr Amt niederlegen. An ihre Stelle traten Leute, die durch den tiefsten Haß gegen die Juden bekannt waren. Kurzweg wurde beschlossen, alle lebendig zu verbrennen, die sich nicht taufen lassen wollten. Ihr Friedhof wurde zu einem ungeheuren Scheiterhaufen. Während man sie hinführte, riß ihnen das Volk in den Straßen die Kleider herab, in der Hoffnung, Geld zu finden. So wurden sie fast ganz nackt, 2000 an der Zahl, ins Feuer geworfen. Um ihnen den Todeskampf noch schmerzlicher zu machen, ließ man vor ihren Augen ihre Kinder taufen. Alle ihre Güter wurden eingezogen und verteilt; es wurde beschlossen, keinen Juden während der nächsten 100 Jahre in die Stadt aufzunehmen.
Der schwarze Tod und die Geißler.
(1348.)
Vier Monate nach der schrecklichen Verbrennung der Juden in Straßburg schwang der schwarze Tod seine rächenbe Geißel um die Stadt. Es war bies eine Pest, die in der Mitte des 14. Jahr-huuberts alle europäischen Llnber heimsuchte. Der Körper des
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Armleder
Extrahierte Ortsnamen: Elsasses Europa Benfeld Straßburg Straßburg
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besonders die Macht sterreichs zu schwchen und untersttzte daher die Schweden, die unter Baner im nrdlichen Deutschland, unter Bernhard von Weimar am Rheine siegreich kmpften. Die Kriegsnot stieg durch unerhrte Grausamkeiten der entmenschten Sld-nerscharen auss hchste. Ferdinand Ii. starb, sein Sohn, Kaiser Fer-Mit mit) Iii. (16371657), setzte den Krieg fort. Auch Bernhard von 1637 Weimar starb, und die Franzosen nahmen das von ihm eroberte Elsa in Besitz. Baners Nachfolger Torstenson drang wiederholt in das Herz der sterreichischen Staaten ein. Nachdem er wegen Gichtkrank-heit den Oberbefehl niedergelegt hatte, verheerten die Schweden unter Wrangel mit den Franzosen unter Turenne Bayern, und ein anderes schwedisches Heer eroberte die Kleinseite von Prag, als nach langen Unterhandlungen der Friede dem Dreiigjhrigen Kriege ein Ende machte.
V. Der westflische Friede.
Der Friede wurde in den westflischen Stdten Mnster und 1648 Osnabrck abgeschlossen. In demselben wurde der Augs brg er Religionsfriede besttigt und auf die Reformierten ausgedehnt. An Lndern erhielt:
1. Frankreich: das sterreichische Elsa;
2. Schweden: Vorpommern mit Stettin;
3. Brandenburg: Hinterpommern, das Erzbistum Magde-brg und die Bistmer Halberstadt und Minden;
4. der Sohn Friedrichs V. von derpsalz: die Pfalz am Rhein und die achte Kurwrde.
Die Unabhngigkeit der Schweiz und der vereinigten Niederlande wurde anerkannt.
Die Fürsten erhielten in ihren Gebieten die Landeshoheit,
so da die Einheit des Reiches in einen lockeren Bund von mehr als 300 fast selbstndigen Staaten sich auslste.
Vi. Die Folgen des Krieges sr Deutschland waren die unheilvollsten. Es hatte durch denselben zwei Drittel seiner Bewohner verloren: von 18 Millionen war die Bevlkerung durch das Schwert, durch Brand, Hunger, Seuchen und Elend aller Art aus kaum 7 Millionen herabgesunken. Tausende von Stdten und Drsern lagen in Trmmern; von manchem verschwun-denen Dorf hat man kaum die Sttte wiederfinden knnen. Wohlbe-vlkerte Landschaften waren zu Einden geworden, Felder und Wiesen
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Extrahierte Personennamen: Bernhard_von_Weimar Ferdinand Bernhard_von_1637_Weimar Elsa Elsa Friedrichs_V. Friedrichs_V.
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Deutschland Rheine Prag Frankreich Schweden Stettin Hinterpommern Rhein Niederlande Deutschland
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Vierte Periode des Mittelalters.
hieß der Kessel fang. Später bediente man sich der Kreuzprobe. Man stellte nämlich entweder den Kläger und den Angeklagten mit ausgestreckten Armen unter ein Kreuz und erklärte den für schuldig, welcher zuerst die Arme sinken ließ, oder man bezeichnete von zwei Würfeln den einen mit einem Kreuze, und sprach den frei, welcher den gezeichneten Würfel zog. Bei der Schwimmprobe galt es als Beweis der Schuld, wenn der ins Wasser Gestürzte nicht untersank. Bei der Probe des geweihten Bissens gab man dem Angeschuldigten unter den ärgsten Verwünschungen eine geweihte Hostie in den Mund. Konnte er diese ohne Mühe verschlucken, und blieb er auch nachher ohne Krankheit und Schmerzen, so wurde er für unschuldig erklärt. Endlich wird noch das Bahrrech t erwähnt. Man legte die Leiche eines Ermordeten auf eine Bahre und ließ den des Mordes Verdächtigen die Wunde berühren. Sobald das Blut aus derselben oder Schaum aus dem Munde des Gemordeten trat, oder wenn der Tote sich veränderte, so war der Angeklagte des Mordes schuldig. Manchmal nahm man statt der Leiche nur die Hand des Ermordeten; dies nannte man „das Scheingehen". Tie Ordalien kamen im 15. Jahrhundert ab; länger hielt sich die Tortur.
Die Folter oder Tortur war ein Mittel zur Erregung heftiger körperlicher Schmerzen bei dem Angeklagten, um ihn zu einem Geständnis zu zwingen. Die Tortur hatte mehrere Grade. Der erste Grad bestand in Peitschenhieben bei ausgespanntem Körper und im Zusammenquetschen der Daumen in eingekerbten oder mit stumpfen Spitzen versehenen Schraubstöcken; derzweite in heftigem Zusammenschnüren der Arme mit härenen Schnüren, im Zusammenschrauben der Beine mit ähnlichen Werkzeugen, den spanischen Stieseln. Ein kreuzweises Zusammenpressen der Daumen und großen Zehen geschah durch das sogenannte mecklenburgische Instrument. Der dritte Grad bestand im Ausrecken des Körpers mit rückwärts aufgehobenen Armen auf einer Bank oder Leiter oder durch die eigene Schwere des Körpers, wobei Gewichte an die Füße gehängt wurden. Diese Marter wurde noch durch Brennen in der Seite, auf den Armen, an den Nägeln erhöht. Außerdem gab es noch eine Menge anderer Peinigungsmittel, z. B. die pommersche Mütze, welche den Kops aus eine bedenkliche Weise zusammenpreßte; der gespickte Hase, eine Rolle mit stumpfen Spitzen, über welche der auf der Leiter ausgespannte Körper auf-und abgezogen wurde. Gewöhnlich setzte man die Folter fort, bis ein Geständnis erfolgte. Leugnete der Beklagte, so fuhr man fort, den-
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stimmung. Mord, Brand, Plünderung und Mißhandlung begleiteten diese Verfolgungen; man gab vor, die Juden hätten die Brunnen vergiftet, und entzündete so den Haß des Volkes gegen die Fremden, welche die beste Gelegenheit gehabt hatten, das baare Geld an sich zu ziehen. Während die Unsicherheit des Lebens die Gewissenlosen zum Verbrechen fortriß, trieb sie die Gewissenhaften zu außerordentlichen Bußübungen an. Es thaten sich, zuerst in Östreich, die Geißlergesellschaften zusammen. Männer und Frauen wanderten, geistliche Llieder singend und sich den Rücken mit Ruten peitschend, von Ort zu Ort. Ihr Beispiel fand Nachahmung, nene Büßerscharen tauchten auf, und so verbreitete sich das Unwesen über ganz Deutschland und bis nach Südfrankreich. Da die Geißler oder Flagellanten auch zu dem Judenmord aufreizten, so waren sie gefährlich, die Geistlichkeit bekämpfte ihr Treiben, viele Städte schlossen vor ihnen die Thore, und im Herbst 1349 verbot eine päpstliche Bulle diese Fahrten gänzlich.
Unterdessen war der Schwarze Tod wirklich über Deutschland hereingebrochen. Viele Tausende von Menschen starben, in den engen, von Festungswerken eingeschnürten, übervölkerten Städten wütete die Seuche am furchtbarsten, die Unreinlichkeit der Straßen und die dumpfe Lust in den niedrigen Wohnränmen beförderte jedenfalls ihre Wirksamkeit beträchtlich. Merkwürdigerweise blieben Böhmen, Schlesien und Polen fast ganz verschont — zur großen Beruhigung des Königs, der den Vorgängen im Reich ziemlich kühl gegenüber stand. Die Krankheit, die das Jahr 1348 zu einem wahren Unglücksjahre gemacht hatte, erlosch allmählich, indem die Lungenentzündung wegfiel und nur noch die Pest eine Zeit lang fortdauerte. Freilich kehrte sie in dieser Forni bis tief in die neuere Zeit herein oft wieder. Eine nachhaltige Schädigung hat das deutsche Volk durch den Schwarzen Tod nicht erlitten. Als die Not vorbei war, „machten sich die Leute neue Kleider und sangen neue Lieder," wie ein alter Chronist sagt, und auch die Städte waren in ihrer Entwickelung zur höchsten Blüte nicht aufgehalten worden.
Nachdem Karl Iv. in seinen Erblanden alles gethan hatte, was ihm zur Hebung des Wohlstandes nötig erschien, suchte er, soweit seine Macht reichte, d. h. soweit die Fürsten nichts dagegen hatten, den Landfrieden wieder herzustellen. Besonders begünstigte er die Landfriedensbündnisse, die zwischen einzelnen Fürsten zur Bekämpfung des Fehdenwesens errichtet wurden. Wo es anging, setzte er einen Landfriedensrichter ein, der die streitigen Fälle schlichten sollte. Dann zog er nach Italien, um sich die Kaiserkrone zu holen. Bei diesem Zuge dachte er nicht im entferntesten daran, kaiserliche Rechte geltend
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Extrahierte Personennamen: Karl_Iv Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Südfrankreich Deutschland Polen Italien
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gewissen Altare die Lanze vergraben liege, mit der dem Heilande die Seite geöffnet worden fei, und daß die Christen unüberwindlich fein würden, wenn sie diese heilige Reliquie als Banner mit sich führten. Man grub darnach und fand eine alte Lanze. Viele glaubten, daß Raimund von Toulouse diesen frommen Betrug veranlaßt habe. Die Begeisterung der Kreuzfahrer war unbeschreiblich, alle brannten vor Begierde, einen Ausfall zu machen und die Kraft der heiligen Lanze zu erproben. Das Wagnis gelang, die Türken wurden zurückgeworfen. Nun fetzte das Kreuzheer feinen Marsch fori, das heiß-ersehnte Ziel, Jerusalem, tauchte vor ihnen auf, aber feste Mauern starrten ihnen entgegen und forderten zur Belagerung heraus. Die Zahl der Streiter war sehr zusammengeschmolzen. Von den 300 000 blieben nach Abzug der zurückgelassenen Besatzungen und nach den erlittenen Verlusten noch 20 000 Fußgänger und 1500 Reiter übrig, und auch diese wenigen schienen vor Jerusalem ihren Untergang finden zu sollen. Hitze, Hunger und Durst und die beständigen Kämpfe mit den Türken matteten die Krieger ab, die Feinde hatten die Brunnen vergiftet und jede Zufuhr von Lebensrnitteln abgeschnitten, und dabei rückte die Einschließung nur sehr langsam fort, mußte man doch das Holz zu den Belageruugsmafchinen vom Libanon holen! Sechs Wochen schon hatte die Not gedauert, Krankheiten rafften täglich viele hinweg, und noch war keine Aussicht auf einen glücklichen Ausgang. Da half wiederum, und wahrscheinlich abermals auf Raimunds Veranstaltung, eine fromme List. Auf dem Ölberge wurde eines Tages und dann noch mehrmals ein feuriger Ritter gesehen, der mit feinem Schwerte nach der Stadt zu winkte. Die Kreuzfahrer, durch diese wunderbare Erscheinung gestärkt, wagten einen Sturm auf die Stadt und eroberten sie. Es war am 15. Juli 1099. Der Einzug der Christen in Jerusalem geschah leider unter schrecklichem Blutvergießen. Nicht nur die bewaffneten Türken, sondern auch die wehrlosen Einwohner, die um Gnade flehten, wurden niedergemacht, selbst die Tempel boten keinen Schutz. Als das Morden vorüber war, mußte man erst die Grabkirche von dem Blut und den Leichen reinigen, ehe man das Te deum singen konnte.
So entstand ein christliches Reich Jerusalem. Gottfried von Bouillon hatte sich als Oberanführer des Kreuzheeres zum König machen können, allein er nannte sich bescheiden: „Beschützer des heiligen Grabes". Nicht lange bekleidete er diese Würde, schon nach einem Jahre starb er, ihm folgte fein Bruder Balduin, der Gras von Edeffa. Er nahm die Königskrone an.
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Brief eines jungen Ostpreußen an seinen Freund. Heimgekehrt.
gelangten wirklich zu unserm Hause. Es war ohne Dach, der Balken hing wie eine Fahne herunter, die Fenster waren zerbrochen, eine Hausecke fehlte. Man sah in die Küche unserer Zimmernachbarn, die schon zurückgekehrt waren und weinend bei ihren wenigen noch gebrauchsfähigen Habseligkeiten kauerten. Sie wußten nicht, was sie eigentlich beginnen sollten. Ein pestilenzialischer Geruch von Brand, Unrat und allem Möglichen erfüllte die traurige Stätte.
Mein Vater sagte gar nichts, ballte nur ab und zu die Faust und murmelte eine Verwünschung. Meine arme Mutter, die todmatt war und die ich stützen mußte, weinte nur immer vor sich hin. Ernst kam weinend hinterher, er war mehrmals hingestürzt und hatte blutende Risse und Beulen.
Wir durchschritten den von Unrat strotzenden Hausflur, begaben uns die noch vollständige Treppe hinauf und gelangten in unsere Wohnung. Es war nicht nötig, die Tür zu öffnen; denn es gab keine. Die Russen hatten sie einfach aus den Angeln gerissen und fortgetragen.
Und die Wohnung selber! Oben keine Decke, kein Dach, nur der Nachthimmel mit Mond und Sternen. Alle Möbel lagen durcheinander, teilweise verbrannt oder zertrümmert. Der Wäschespind war erbrochen. Mutters Bettwäsche, Hemden und Decken hatten die Russen geraubt. Die Wände und der Ofen waren beschmutzt, die Tapeten in Fetzen abgerissen oder durch Feuer versengt und angeschwärzt. Der Spiegel war zersplittert, das Sofa aufgeschnitten und das Werg teilweise herausgerissen. „Einfach zum Heulen!" sagte der Vater. —
Was nun weiter tun? Wir wissen es nicht. Zunächst dürfen wir gar nichts unternehmen. Tag für Tag wird Schutt aufgeladen. Ich schreibe Dir, sobald ich wieder dazu komme.
Viele Grüße an alle! Dem Freund Hermann B.
Otto Promber, „Im Kampf ums Vaterland 1914." Loewes Verlag Ferdinand Carl. Stuttgart.
40. Heimgekehrt.
Sie hatten's gesehn in jedem Traum:
Dort stand die Scheuer! Und hier das Haus!
Und hier der alte Lindenbaum!
Und nun alles dahin! Und nun alles aus.
Kam dann der Morgen dahergegangen, so hatten sie kummerblasse Wangen, schauten so fremd ins fremde Licht.
Man sprach zu ihnen — sie hörten's nicht.
Und heut ist's bittere Wirklichkeit!
Sie hasten aus dem Zuge heraus und ringen die Hände vor Herzeleid:
Ja — hier stand die Scheuer! Hier stand das Haus!
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Extrahierte Personennamen: Ernst Mutters_Bettwäsche Hermann_B.
Otto_Promber Otto Ferdinand